Mädchengesundheit in Deutschland - Aktueller RKI-Report beleuchtet Zahlen & Trends zu Sexualität, Aufklärung & Verhütung von Mädchen & jungen Frauen

25.10.2021
Exeltis
Der aktuelle Report des RKI

Frauen und Männer unterscheiden sich bei der Ausprägung vieler Krankheiten, bei der Lebenserwartung und auch beim Gesundheitsverhalten. Wie sieht es aber bei Mädchen und Frauen in den unterschiedlichen Lebensphasen, Rollen und Lebenslagen in Sachen Gesundheit aus? Dieser Frage ist das Robert Koch-Institut (RKI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit nachgegangen. „Der Blick für geschlechtsspezifische Besonderheiten im Gesundheitssystem hat sich in den vergangenen Jahren deutlich geschärft. Aber was sind diese Besonderheiten?“, so Gesundheitsminister Jens Spahn in seiner Einleitung zu dem entstandenen Report, der unter der Überschrift „Gesundheitliche Lage der Frauen in Deutschland“ steht.

Spannende Einblicke bietet der Report auch zum Thema Mädchengesundheit, ganz besonders zu aktuellen Zahlen und Trends beim Verhütungsverhalten. Basis dafür sind die Ergebnisse eines Monitorings durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (www.bzga.de)1.

Während bei Mädchen in Deutschland die Menarche immer früher einsetzt, ist das Alter beim ersten Geschlechtsverkehr im Zeitverlauf dagegen angestiegen. Die Zahlen zeigen außerdem, dass Jugendliche insgesamt gewissenhafter verhüten, als es noch vor zehn Jahren der Fall war. Der Anteil derer, die beim ersten Geschlechtsverkehr nichts unternommen hat, um eine Schwangerschaft zu verhüten, liegt laut des Monitorings mit 8 % bei den Mädchen und 6 % bei den Jungen auf einem sehr niedrigen Niveau. Erfreulicherweise ist der in der letzten Befragung 2009 noch große Unterschied zwischen den Geschlechtern im Hinblick auf das Nichtverhüten verschwunden, vorher lagen die Anteile bei den Jungen deutlich über denen der Mädchen.

Bei der Aufklärung über das Thema Verhütung spielte nach wie vor das Elternhaus eine große Rolle, wobei im Zeitverlauf allerdings eine rückläufige Tendenz zu beobachten war. Im Gegenzug stieg die Bedeutung des Internets in diesem Bereich. Schon 2015 gaben nach Daten der Studie Jugendsexualität 2015 39 % der Mädchen und 47 % der Jungen an, dass ihre Kenntnisse über Sexualität, Fortpflanzung und Verhütung überwiegend aus dem Internet stammen.

Vor diesem Hintergrund sehen die Autoren des Reports das Risiko, dass Pillen der neueren Generationen mit weniger unangenehmen Nebenwirkungen und subjektiven Schönheitseffekten durch die Verknüpfung der Informationen zum Präparat im Internet mit Beziehungs- und Schönheitsthemen, als Lifestyle-Arzneimittel wahrgenommen werden2. Die gesundheitlichen Risiken gerade für Mädchen und junge Frauen könnten in der Wahrnehmung verdrängt werden. Eine aktuelle Analyse der AOK3 zeigt, dass Mädchen und Frauen bis 20 Jahre zwar heutzutage häufiger als früher risikoärmere Präparate verordnet bekommen, dass aber immer noch mehr als jede zweite Pillen-Nutzerin (52 %) ein Präparat der neueren Generation mit einem höheren Risiko für Thrombosen und Embolien eingenommen hat.

Gynäkolog*innen können hier wirksam agieren. Immerhin zeigen die Daten der BZgA, dass ein Großteil der Mädchen im Alter von 14 bis 17 Jahren – 90 % der Mädchen ohne Migrationshintergrund und 80 % der Mädchen mit Migrationshintergrund – zum ersten Mal eine*n Gynäkolog*in besucht1. Grund für den Besuch waren häufig Fragen zur Verhütung. Gynäkolog*innen haben so bei einer gewünschten Verordnung einen wichtigen Hebel in der Hand, gezielt über Optionen zu informieren, die positive Effekte auf das Wohlbefinden der Anwenderinnen mit gutem Sicherheitsprofil verbinden.

Regelmäßig drehten sich Fragen der jungen Patienten darüber hinaus um die sexuelle Gesundheit allgemein und ganz speziell um die HPV-Impfung und das Chlamydien-Screening1. Auch darüber hinaus kommt den Gynäkolog*innen eine entscheidende Rolle in der Beratung zu. Mädchen, so der Report, die bereits (mindestens) einmal bei einem/r Frauenärzt*in waren, haben eine doppelt so hohe Chance, gegen HPV geimpft zu sein, wie Mädchen ohne Frauenarztbesuch4.

Verordnungsanteil risikoreicher Pillen an allen verordneten Pillen. Basis: Definierte Tagesdosen (DDD)
Quellen:
[1] Bode H, Hessling A (2015) Jugendsexualität 2015 – Die Perspektive der 14- bis 25-Jährigen. Ergebnisse einer aktuellen Repräsentativen Wiederholungsbefragung. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln
[2] Boeschen D, Günther J, Chytrek D et al. (2015) Pillenreport – Ein Statusbericht zu oralen Kontrazeptiva. Universität Bremen, SOCIUM, Bremen
[4] Poethko-Müller C, Buttmann-Schweiger N, Group KS (2014) Impfstatus und Determinanten der Impfung gegen humane Papillomviren (HPV) bei Mädchen in Deutschland Ergebnisse der KiGGS-Studie – Erste Folgebefragung (KiGGS Welle 1). Bundesgesundheitsbl 57:869–877